Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen (Allgemeines)
Andy-439, Saturday, 28.04.2018, 08:55 (vor 2401 Tagen)
Hallöle zusammen,
ab und zu möchte ich (Laie) weit entfernte Objekte (10-50km) anpeilen. Um eine Peilung möglichst genau hinzubekommen habe ich mir folgendes überlegt:
Zwei Stangen in den Boden reinhauen bei denen die Verbindungslinie zwischen den Stangen der Peilung entspricht. Dann die Positionen ausmessen mit möglichst genauem GPS (hier bei guten Bedingungen 2cm Genauigkeit).
Es gibt bestimmt eine Beziehung zwischen:
- Entfernung zum Objekt,
- Entfernung der Stangen,
- Genauigkeit der Ortsbestimmung der Stangen,
- Dicke der Stangen
- Genauigkeit der Peilung
Mit dieser Beziehung würde ich gerne den optimalen Abstand der Stangen abschätzen.
Kennt jemand diese Formel oder Herleitung?
Dabei beziehe ich mich hier auf eine einzelne Peilung und nicht auf die Positionsbestimmung des Objekts für das ja mindestens zwei Peilungen erforderlich sind. Aber auch hier wäre die Beziehung zwischen
- Entfernung zum Objekt
- Winkel zwischen den Peilungen
- Genauigkeit der Positionsbestimmung interessant
Für entsprechende Hinweise zu den Formeln wäre ich sehr dankbar, auch gerne wo ich so etwas nachlesen kann (für Laien verständlich). Gps, OSM und Aufspühren entfernter interessanter Objekte sind einige meiner Hobbys. Ein Fernglas mit dem ich auf 1° genau Peilen kann (mit Kompass) habe ich schon, aber das ist mir nicht genau genug.
Danke & Grüße,
Andy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Vermessungswilly, Sunday, 29.04.2018, 11:40 (vor 2400 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andy,
die Formel ist eine ganz einfache und heißt Strahlensatz. Damit kannst du Dir jedwede Konstellation ausrechnen.
Beispiel :
Peilstange 1 = A ,
Peilstange2 = B ,
Ziel = Z ,
Querabweichung in der Peilstrecke AB = Q,
Querabweichung in der Zielstrecke AZ = Qz ,
Ergibt Q/AB = Qz/AZ also Qz = AZ*Q/AB
In realistischen Zahlen:
Peilstrecke AB=100m, Entfernung zum Ziel AZ=10km , Querfehler durch GPS-Ungenauigkeit Q=2cm macht 10000mx0,02m/100m = 2m also 2m Querfehler im 10km entfernten Ziel.
Das gibt zumindest eine theoretische Größenordnung an. Weil die Fehler beim Peilen durch Beobachtungsfehler, Dicke der Stangen, Atmosphärische Effekte sind nicht wirklich einfach in eine Formel zu packen die der Vermessungslaie versteht .
Grüße
Willy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Andy-439, Saturday, 12.05.2018, 07:30 (vor 2387 Tagen) @ Vermessungswilly
Super vielen Dank!
Ist ja so einfach
Kennst Du dich zufällig mit ETRS89 aus? Ich wundere mich wieso dies auf dem Geodätischen Referenzpunkt von Tübingen ein einem Zug mit WGS84 genannt wird? Weil eigentlich dachte ich das sind zwei verschiedene Systeme, also müssten doch auch die Koordinaten unterschiedlich sein oder?
Grüße,
Andy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
MichaeL , Bad Vilbel, Saturday, 12.05.2018, 11:34 (vor 2387 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andy,
weil eigentlich dachte ich das sind zwei verschiedene Systeme, also müssten doch auch die Koordinaten unterschiedlich sein oder?
Für die meisten Anwendung können beide Systeme als deckungsgleich betrachtet werden. Die Koordinaten habe hier nur Dezimetergenauigkeit, sodass sie sich in beiden Systemen nicht unterscheiden werden.
/Micha
--
applied-geodesy.org - OpenSource Least-Squares Adjustment Software for Geodetic Sciences
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Vermessungswilly, Sunday, 13.05.2018, 19:48 (vor 2385 Tagen) @ MichaeL
Genauso,ist es...
Die Syteme sind im Moment ähnlich und die Unterschiede lassen sich für Smartphonebesitzer und Geocacher vernachlässigen.
Prinzipiell ist WGS84 das Ursprungssystem. Die Rechenfläche ist das Ellipsoid GRS80. Das WGS84 ist ein weltweites System und der Koordinatenursprung liegt im Massezentrum der Erde.
Das ETRS89 ist daraus abgeleitet indem man gesagt hat - so wie das WGS84 am Stichtag 1.1.1989 gelagert war so soll ETRS89 sein und hat es auf dem europäischen Festland messtechnisch fixiert. Seit dem hat sich die Welt allerdings weitergedreht und durch die Kontinentaldrift verschieben sich nun beide Systeme gegeneinander. Das sind immerhin einige Zentimeter pro Jahr.
Spielt im Moment wie gesagt praktisch keine Rolle und in 100 Jahren wenns genauigkeitsmäßig ernst wird gibts eh schon wieder ein neues Bezugssytem....
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Andy-439, Sunday, 13.05.2018, 20:46 (vor 2385 Tagen) @ Vermessungswilly
Vielen Dank für die Erklärungen, genau mit solchen Infos komme ich weiter. Denn in Bälde bekomme ich einen L1+L2 Rover (HEPS) daher möchte ich solche Punkte schon genau Einmessen können - um zu sehen ob das stimmt was ich da messe. Dafür ist es wahrscheinlich dann wieder relevant hier zu unterscheiden oder?
Gibt es Empfehlungen wie bei der Konvertierung der Koordinaten am geschicktesten vorzugehen ist?
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Vermessungswilly, Monday, 14.05.2018, 19:53 (vor 2384 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andy,
wenn du mit Konvertierung die Transformation/Umwandlung zwischen WGS84 und ETRS89 meinst - dann ist Transdat gut geeignet.
http://www.killetsoft.de/p_trda_d.htm
Da kannst du nach belieben zwischen den Koordinatensystemen und Projektionen hin und her rechen. Da gibts ne kostenlose Testversion zum runterladen. Auf der Webseite kannst du dich auch in die Tiefen der Koordinatensysteme einarbeiten. Die ist (wie ich finde) auch für Fachfremde gut erklärt und zusammengestellt.
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
dias, Vogtland, Friday, 22.06.2018, 15:42 (vor 2346 Tagen) @ Vermessungswilly
Hallo Andy,
klingt interessant was du so vorhast...
Darf man fragen warum du diese Vorgehensweise mit der Peilung wählst?
Ich meine, wenn du schon einen HEPS-Empfänger bekommst, warum misst
du da nicht gleich mit diesem deine Objekte präzise auf?
Sind sie evtl. schlecht erreichbar..(z.B. Wasser) ?
Oder ist vor Ort schlechter Empfang (Bäume usw.)..?
Viele Grüße!
Matthias
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Andy-439, Tuesday, 26.06.2018, 23:14 (vor 2341 Tagen) @ dias
Hi,
danke für die Rückfrage!
Also ja, ich bin gelegentlich an weit entfernten Objekten interessiert. Weit im Sinne von mit bloßem Auge noch sichtbar, und mit dem Feldstecher besser, also im Bereich von ca 15-50km. Insbesondere dementsprechend Türme und andere größere Strukturen. Gelegentlich auch einfach mal die Frage: Wo steht denn diese auffällige Baumgruppe dort am Horizont genau. Also im wesentlichen möchte ich Objekte meiner visuellen Warhnehmung georeferenzieren. Wenn ich dann weiß wo das Objekt genau steht fahre ich auch manchmal hin und gucke es mir an
Also mit dem Feldstecher mit Kompass (hier 1° Skala und grober schätzung auf 1/10 Grad) und einer einfachen GIS Anwendung wo man Peilungen auf 1/10 Grad genau eintragen kann funktioniert es schon ganz ok mit zwei sich kreuzenden Peilungen.
Mit der GPS Methode hatte ich mir etwas mehr genauigkeit beim einzeichnen der Linie erhofft. Wahrscheinlich wird es aber halt dadurch limitiert daß meine Gis Anwendung (MapitGis) hier halt nur Eingaben auf 1/10 Grad genau erlaubt.
Andererseits scheint mir diese Methode halt auch recht aufwendig und ich komme in den Meisten Fällen mit der oben beschriebenen Feldstechermethode besser zum Ziel.
Grüße
Andy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
rafl, Saturday, 30.06.2018, 13:51 (vor 2338 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andi,
was ich schon von Beginn dieses Threads an nicht verstehe:
Wenn du schon einen Zugang zu einer GPS-RTK Ausrüstung hast, sollte es für dich doch sicherlich auch möglich sein, an einen Theodoliten oder Tachymeter zu kommen. Damit kannst du deine "Peilungen" doch viel besser durchführen.
Rafl
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Andy-439, Monday, 02.07.2018, 22:46 (vor 2335 Tagen) @ rafl
Hi Rafl,
vielen Dank für die Rückfrage. Ja das habe ich mir auch schon überlegt. Doch da ich das ganze als Hobby betreibe sind mir finanzielle und wissenstechnische Grenzen gesetzt. Ich muss mir die Ausrüstung ja kaufen, da ich keine Möglichkeit zum Leihen habe. Für die paar mal wo ich einen Tachymeter tatsächlich brauchen könnte wäre mir das zu teuer - aber auch zu unhandlich und mir fehlen hier glaube ich noch ein paar Vorkenntnisse. Also insgesamt zu viel. Vorerst bin ich mit der RTK Ausrüstung zufrieden. Allein hier gibt es für mich noch sehr viel zu lernen
Zwischendurch dachte ich mal an ein Instrument wie einen Sextant, den könnte man ja vielleicht auch quer nehmen, und so einen horizontalen Winkel bestimmen, oder? Doch auch das scheiterte wegen der Anschaffung.
Auch habe ich bemerkt, daß ich mit meinem Fernglas mit eingespiegeltem Kompass auch recht gute Peilungen auf 15-20km Distanz durchführen kann. Dabei verwende ich die vorhandene 1°-weise Skalierung und schätze auf 0,1°
Insofern dachte ich halt für die Anwendung um meinen Standort herum wo ich mit dem RTK unterwegs bin könnte ich ab und an mal damit vielleicht die Genauigkeit noch Steigern falls die Fernglasmethode im Einzelfall von der Genauigkeit nicht reichen würde.
Grüße,
Andy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
dias, Vogtland, Friday, 06.07.2018, 11:28 (vor 2332 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andy,
also ich kann mir nicht so richtig vorstellen wie man mit der Kompasspeilung
auf akzeptable Genauigkeiten kommt.
Problem 1: Man weiß nie so richtig ob der Kompass genau geht. Irgendwelche
Störungen vor Ort, oder auch Metall in der Nähe können schon die Nadel beeinflussen.
Problem 2: Ein Kompass zeigt i.d.R. zum magnetischen Pol. Du beschreibst deine
Vorgehensweise unter Zuhilfenahme von GIS-Karten bzw. Software. Diese sind ja erst mal generell
nach Gitter-Nord ausgerichtet. Wenn sich in der Software nichts einstellen lässt käme
dann das Problem der Deklination (Missweisung) mit deinen Messwerten zum Vorschein, so daß du
deine gemessenen Richtungswinkel nicht so ohne Weiteres abtragen kannst...
Ein wesentlich genaueres Verfahren (bei guter Rundumsicht) wäre folgendes:
Besorge dir einen gebrauchten Theodolit, bei dem die Winkelmessung noch gut funktioniert.
Je genauer desto besser, mir persönlich ist auch ein aufrechtes Bild wichtig, aber das
müsste nicht unbedingt sein. In der Bucht gibts ältere Geräte recht günstig. Auch Geräte
aus dem Militärbereich sind denkbar (Richtkreis etc.).
Mit dem Theo stellst du dich an einer günstigen Stelle auf. Dann peilst du mehrere markante
Objekte in der Umgegend an (Kirchtürme, Schornsteine etc.). Wichtig ist daß die in deiner
Karte vorhanden sind. Auch dein Zielobjekt muss natürlich angepeilt werden.
Notiere dir alle gemessenen Horizontalwinkel. Die Nordrichtung muss nicht beachtet werden.
Dann gehst du mind. 100 Meter (je mehr desto genauer) weiter und wiederholst das Ganze.
Zusätzlich könntest du noch deinen Standpunkt mit GPS oder GNSS messen. Ein normales gutes
"Wander-GPS" würde notfalls reichen. Das würde vieles vereinfachen. Muss aber nicht sein...
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten der Auswertung:
1. Wenn du deine beiden Standorte mit GPS gemessen hast:
Konstruiere anhand deiner gemessenen Winkel deine "Strahlen" mit einem gemeinsamen Mittelpunkt.
Schiebe den gemeinsamen Mittelpunkt auf deinen Standpunkt in der Karte. Drehe nun das Gebilde bis es mit den markanten
Punkten übereinstimmt. Der Strahl zu deinem unbekannten Ziel geht nun in die richtige Richtung.
Das ganze auch für den zweiten Strandpunkt durchführen.
Der Schnittpunkt deiner zwei unbekannten Strahlen ist nun dein gesuchtes Objekt.
2. Wenn du deinen Standpunkt nicht mit GPS gemessen hast:
Möglichkeit A:
wie unter 1 beschrieben deine Strahlen konstruieren. Dann den Mittelpunkt des Gebildes
ungefähr an die richtige Stelle in der Karte schieben. Nun durch weiteres abwechselndes schieben und drehen
das Ganze bestmöglichst anpassen. Diese Methode ist nicht ganz so genau, aber oft ausreichend.
Möglichkeit B:
Zunächst deinen Standpunkt ermitteln mit der Methode "Rückwärtseinschnitt". Dabei reichen die reinen
Winkelwerte aus, allerdings ist auf eine günstige Verteilung zu achten.
Die Methode hier zu beshreiben würde zu weit führen. Im Netz gibt es viele Informationen darüber.
Man kann es grafisch oder auch rechnerisch lösen. Mit einem einfachen CAD-Programm (evtl. auch GIS) ist
die grafische Lösung kein Problem.
Ist der Standpunkt so ermittelt weiter wie oben.
Wie schon erwähnt: sind alles nur Anregungen ohne ins Detail zu gehen.
Vielleicht hast du ja Lust das mal auszuprobieren...
Viele Grüße!
Matthias
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
Andy-439, Wednesday, 11.07.2018, 22:03 (vor 2326 Tagen) @ dias
Hi Matthias,
vielen Dank, ja das auszuprobieren dazu habe ich sehr große Lust! Momentan bin ich halt noch am Thema GNSS sobald das jedoch durch ist gucke ich mal ob ich an einen Theodoliten günstig rankomme.
in QGIS möchte ich mich sowieso über kurz oder Lang einarbeiten. Damit könnte ich ja dann die Winkellösungen durchführen. Jedoch bin ich beim Thema Koordinatensystemen und Projektionen noch relativ Blank. In Welcher Projektion sollte ich die Winkel denn am besten abtragen?
Grüße,
Andy
Formel? Genauigkeit bei Peilung mit zwei Stangen
dias, Vogtland, Tuesday, 17.07.2018, 07:43 (vor 2321 Tagen) @ Andy-439
Hallo Andy,
i.d.R. sind rechtwinklige Koordinatensysteme bzw. Projektionen "winkeltreu". Also z.B. das gute alte "Gauß-Krüger"
oder das "neue" UTM/ETRS89. Für das Arbeiten mit Winkeln würde ich diese in deinem GIS-Programm probieren bzw. auswählen. Ein geografisches System mit Längen- und Breitengraden ist eher weniger geeignet. Kommt aber auch
ein wenig auf den Maßstab deiner Karte an.
Wie schon gesagt: deine angemessenen Objekte müssen natürlich auch in deiner benutzten Karte vorhanden sein.
Man weiß halt leider nie so richtig wie genau diese Objekte (z.B. Kirchtürme, Schornsteine) gemessen und in die Karte
eingetragen wurden. Aber das wirst du ja dann merken...
Viele Grüße!
Matthias