Heftige Seitenrefraktion bei Fernzielen (Geodäsie/Vermessung)
Hallo liebes Forum,
Mein Hobby ist die Vermessung / Landvermessung. Ich beschäftige mich seit nun mehr 3 Jahren intensiv damit. Ich habe viel in Büchern und im Netz gelesen und noch mehr ausprobiert, gemessen, ausgewertet und Berechnungen angestellt.
Zu meinen „schärfsten Waffen“ zählt ein „Wild Heerbrugg T2“ aus 1979. Den habe ich selber sehr gut eingestellt. Bei meinen Feldmessungen gehe ich ausschließlich im Vollsatz vor, wenn „nötig“ mit bis zu 10 Sätzen.
Im näheren Umfeld unseres Hauses befinden sich 2 Festpunkte, klassifiziert als „NivP(1) - Haupthöhenpunkt, Zwischenlinienpunkt 1.Ordnung“ mit einer Standardabweichung von kleiner / gleich 6cm. Diese beiden Punkte haben einen Abstand von ca. 40m zueinander und sind öffentlich zugängig. Ich kenne ihre ETRS89_UTM32 – Koordinaten und ihre Höhe im System DE_DHHN2016_NH. Im Umkreis von ca. 50m um diese beiden Punkte befinden sich mehrere „Vermessungsnägel“ und ich habe mir zur Aufgabe gemacht diese Vermessungsnägel durch Rückwärts- und Vorwärtseinschneiden zu vermessen.
Soweit - so gut.
Am Samstag und Sonntag des letzten Wochenendes habe ich damit begonnen so exakt wie es mir möglich ist zu vermessen. Die Messungen vom Samstag und die Messungen vom Sonntag decken sich nahezu exakt (Abweichung liegt bei ca. +/-3mm) bei Entfernungen von bis zu 75m.
Am Ende einer Messung ziele ich immer noch mir Koordinatenmäßig bekannte Fernpunkte (Kirchturmspitzen …) in bis zu 5km Entfernung an, um eine gewisse Kontrolle zu haben, ob ich mich nicht um 5 oder 10gon vermessen habe, an den Theo gestoßen bin oder mir ein anderer Fehler unterlaufen ist.
Bei früheren Messungen waren diese Kontrollblicke sehr gut und meine Abweichungen von Visur zu den tatsächlichen Punktkoordinaten lagen immer so im Bereich von +/- 10mg. Ich habe auch immer versucht bei bewölktem Himmel, mit Gerät im Schatten, wenig Wind und einer gewissen Annährung an eine „Standardatmosphäre“ zu messen.
Samstag und Sonntag war es hier bei uns brütend heiß und schwül. Der T2 stand im Schatten. Meine Kontrollvisuren zu mehreren Fernpunkten gingen die ersten 5m durch Schatten, dann ca. 200m in etwa 2m Höhe über ein Getreidefeld. Danach fällt das Gelände um bis 30m ab und steigt erst wieder an den Zielpunkten in ca. 4,5km Entfernung an. Die Zielpunkte liegen alle in einer Stadt.
Meine Visuren zu den Vermessungsnägeln lagen alle fast ausschließlich im Schatten unter hohem Eichenbestand und gingen in Gerätehöhe über eine kurz gemähte Grasfläche.
Sowohl die Kontrollmessungen am Samstag, wie auch die am Sonntag wiesen bei allen Fernzielen fast gleich 0,3560gon im Uhrzeigersinn auf. 0,356gon macht auf 5.000m 28m aus!!!
Ich hab dann über Seitenrefraktion in den Lehrbüchern gelesen und komme nur zu einer Erklärung, dass es eben diese Seitenrefraktion ist. Dort ist zu lesen, dass Seitenrefraktion auch in freier Luft an sehr heißen Tagen auftreten kann. Was mich allerdings sehr verwundert ist die schiere Größe.
Ich muss noch erwähnen, dass die Kontrollvisuren nicht an aufgeheizten Häuserwänden entlang gingen, zumindest nicht in den ersten 4.500m.
Die Wetterdaten noch: Messung am späten Vormittag, Blick Richtung Osten, 25° im Schatten, 56% Feuchte und 1.006hPa, Wind mit 9km/h aus Ost.
Was meinen denn die Fachleute unter euch zu meinen Beobachtungen?
Ich werde, sobald es „normale Bedingungen hat“ die Messungen wiederholen und vergleichen.
Ich freu mich auf eure Antworten und sag schon mal Danke!!